Umgang des Betroffenen mit der Erkrankung
Uli Roth sagt:
Also dass wir lockere Typen sind und dass wir so im Leben stehen, dass wir da offen mit umgehen, auch in der Vergangenheit, auch als gesunde Männer, das war schon bekannt. Ich muss dazu sagen, dass wir auch am Anfang, mein Bruder hat ja damals die Handballbundesligamannschaft trainiert, den TV Großwallstatt, da ist ja auch in die Medien geschrieben worden, er hat eine Harnentzündung leider. Also man hat da auch nicht Prostatakrebs nach außen posaunt. Und das wollten wir auch nicht. Wir wollten eigentlich das so machen wie alle anderen Männer auch, also eher unter Verschluss halten, irgendwas anderes vorziehen. Die Entscheidung, das öffentlich zu machen, kam ja eine ganze Idee später über eine zufällige Begegnung mit einem Medienmann aus dem Fernsehen, der uns erst mal klargemacht hat, dass unsere Geschichte so unglaublich ist, die müsste man medial eigentlich nach außen bringen. Und dann habe ich gesagt: „Wenn interessiert das, dieses Zwillingsthema, dieses Zeitgleich-Erkranken, all das drumherum?“ Und da sind wir aufmerksam geworden und auch festgestellt, dass als gesunder Mensch man die Krankheitsthemen, die ja zuhauf in jedem Magazin, in jeder Tageszeitung stattfinden, ob das die Ernährung ist, ob verschiedene Krebsarten beschrieben sind, ob das Herzinfarkt ist. Wenn man mal sich ganz genau umguckt, ist ja das Thema Gesundheit ein riesengroßes Thema medial. Aber wenn du gesund bist, nimmst du es nicht wahr. Dann ist uns bewusst geworden, dass das Thema Gesundheit jeden interessiert. Aber der eigentliche Entschluss, warum wir uns entschieden haben, das öffentlich zu machen, war der Schick darüber, dass diese Männerkrankheit Nummer eins, Prostatakrebs, ja, so fürchterlich unter dem Tabu, es findet eigentlich nicht statt, gehalten wird. Und dass wir festgestellt haben, dass auch die meisten Männer gar nicht wissen, was mit der Prostata passiert. Dass es das Organ gibt, ja, aber wo, für was steht es? Also diese Unwissenheit und auch diese Angst vor einem Urologen, die Angst vor der Impotenz, der Scham, auch natürlich der Inkontinenz, was auch ein schwieriges Thema ist. Aber wir haben uns zu einem Zeitpunkt entschieden, wo die Operation noch offen war. Es hätte ja uns auch anders ereilen können und das Buch ist ja trotzdem geschrieben worden. Und wir werden auch noch ein zweites schreiben jetzt in der Nachbetrachtung, weil das Buch hat ja ein Ende, das jetzt Jahre danach, es muss ja noch mal erklärt werden, was ist jetzt passiert. Und haben uns deshalb dafür entschieden, wir sagen, wir müssen aufklären. Und wenn es jemand kann, darüber reden, dann können wir beide es, weil wir so veranlagt sind. Es muss auch jeder selbst wissen, wie er mit dem Thema umgeht. Natürlich haben wir festgestellt im Laufe der Jahre unserer Aufklärungskampagne, die wir ja nun ehrenamtlich und in ganz Deutschland machen, dass man Menschen helfen kann in dem, was wir tun. Auch unser Buch ist ein Buch, das den Leuten oder den Männern hilft und Mut gibt und auch Erklärungen. Und wenn man das als Mensch, der man ja sein will, Gutes tun will, wenn man spürt, dass man mit seiner eigenen Krankheit, die man durchlebt hat, und den Erfahrungen, die man gesammelt hat, anderen helfen kann, ist es eine wunderbare Begebenheit. Und deshalb ist der Erfolg, den wir gespürt haben mit der Kampagne und mit allem, das macht uns Spaß. Und es macht nicht immer Spaß, über den Krebs zu reden, aber es macht Spaß, zu erkennen, dass man Menschen damit helfen kann. Man muss trotzdem versuchen, sein Leben positiv weiter zu gestalten und es anzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen, aber erst mal zu sagen: „Ich hab‘s“, so, das ist das Wichtigste. Und ich muss es meinen Liebsten sagen und ich muss es meinen Freunden sagen, ich muss es auch meinen Bekannten sagen und ich muss auch kein Geheimnis draus machen, weil das, was innen stattfindet, ist wie eine Atombombe. Und die hemmt, die blockiert. Und wenn man sie zu lange für sich alleine mit sich rumträgt oder nur im ganz kleinsten Kreise ausmacht, das befreit nicht. Also ich kann nur jedem die Empfehlung geben, offen sein damit. Damit ist man selbst lockerer und auch befreiter und nimmt das Hemmnis eines Gesunden, auf dich zuzugehen und dich auch zu fragen und du auch offen zu antworten, das nimmt man. Das hilft unfassbar gut. Das kann man wirklich nur jedem raten. Und das ist auch einer der wichtigsten Hinweise, die ich heute Betroffenen geben kann, mit denen ich rede, es so zu machen. Alle, die es nicht gemacht hatten bis zu dem Gespräch und danach gemacht hatten, haben mich speziell und ganz bewusst noch mal kontaktiert und angerufen, um zu sagen: „Vielen Dank, dass du mir den Tipp und den Mut gegeben hast, mich zu öffnen, und seither geht es mir auch viel besser.“
- person Uli Roth
- coronavirus Prostatakrebs
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