Träume als Hilfe zum Durchhalten
Franziska Krause sagt:
Ich glaube, so ein superpragmatischer Traum, den ich mal hatte, oder ein Ziel war es, irgendwie zu promovieren vor 30. Das hatte ich mir, weiß ich nicht, irgendwann mal in den Kopf gesetzt. Und habe ich jetzt auch nicht viel drüber gesprochen oder so, es war einfach für mich so, es war mein Plan. Und ich glaube zu erkennen, zwar bin ich jetzt zurück im Studium, dass ich nicht alles wieder können muss und dass es auch ganz entfernt von der Studienerfahrung ist, die ich im Bachelor schon hatte, ist total erholsam, total wohltuend, weil ich merke, den Druck, den ich mir vielleicht auch gemacht habe, ob er nun stark war oder nicht, der ist gar nicht nötig. Und mir gefällt es sehr gut, ich nehme es ein bisschen als neue Freiheit wahr, zu sagen, wer hat mir denn da gesagt, dass das vor 30 passieren soll außer ich selbst? Und ich bin die Person, die dieses Leben führt, und wenn es gerade nicht passt, dann passt es nicht. Und damit bin ich total glücklich. Und ich glaube, Beruf ist einfach das Thema, das zentrale Thema, wenn du so jung bist und krank wirst, und durch das geisteswissenschaftliche Studium bin ich da eh ein bisschen freier. Und ich merke, das genieße ich total. Ich finde das total toll, mich einfach noch mal komplett neuen Dingen zu widmen und mich ganz anderen Themen auch auszusetzen und auch damit umgehen zu können und umgehen zu lernen, was es heißt, weniger zu leisten und sich das auch gefallen zu lassen. Es ist eine andere Erfahrung. Und ich habe, glaube ich, ganz am Anfang, als ich das Studium wieder angefangen habe, schon daran zu beißen gehabt, dass nicht mehr alles so geht, wie ich will. Und ich habe früher ganz viele Dinge einfach sehr mit dem Kopf entschieden und dann war es egal, wie müde ich war, oder den Abend vorher das Essay geschrieben. Und das geht jetzt alles nicht, ich brauche jetzt klarere Zeiten und es hat Zeit gekostet, mich daran zu gewöhnen. Aber ich nehme das gerne wahr und ich nehme das gerne an. Und ich bin damit mittlerweile sehr glücklich, viel besser zu spüren, wann ich auch mal „Stopp“ sage. Ich glaube, was mich über die ganze Krankheit immer sehr getragen hat, waren alle möglichen Beziehungen. Und ich glaube, das klingt jetzt vielleicht ein bisschen zu sehr auf andere Menschen konzentriert, aber ich hatte so oft den Gedanken von: „Das möchte ich noch erleben.“ Und der Gedanke, nicht mehr da zu sein und einfach nicht, genau, einfach nicht mehr da zu sein für andere Menschen in den Ereignissen, die sie haben, das heißt, mein kleiner Cousin, der heiratet, oder mein Patenkind, das geboren wird, das sind, wenn ich mich zurückerinnere, das sind die Momente, in denen ich am meisten Angst hatte, mich am meisten gesorgt habe, weil diese Vorstellung, nicht da zu sein, sehr schmerzvoll war. Und das sind Dinge, die mich immer sehr motiviert haben. Und vielleicht ist das nicht unbedingt ein Traum, aber das sind schon Momente, in denen ich realisiert habe: „Das möchte ich noch.“ Und dafür mache ich das.
- person Franziska Krause
- coronavirus Hodgkin-Lymphom
-
Mehr erfahren: