Zusammenarbeit von Selbsthilfe mit der Pharmazeutischen Industrie – Wie geht das?
Die Selbsthilfeorganisationen in Deutschland sind auf vielfältige Unterstützung angewiesen, um ihre wertvolle Arbeit leisten zu können. Engagierte Menschen in ganz Deutschland setzen sich im Ehrenamt für andere ein und sorgen damit für eine bessere Patientenversorgung bei Krebs. Trotz allen Willens reichen häufig die Mittel für die Arbeit der Selbsthilfe nicht aus. An dieser Stelle kann und möchte die Pharmazeutische Industrie unterstützen. Wie so eine Zusammenarbeit funktionieren kann, das haben wir im Gespräch mit Julia Felder erfahren. Sie ist verantwortlich für Patient Engagement Onkologie, Neurologie und HCV bei AbbVie Deutschland, einem Pharmaunternehmen mit Hauptsitz in Wiesbaden:
Warum ist Ihrem Unternehmen als forschendes BioPharmaunternehmen die Zusammenarbeit mit der Initiative CancerSurvivor und Patientenorganisationen wichtig?
Julia Felder:
Für uns gehört der Patient in den Mittelpunkt. Nur gemeinsam als Team – mit den besten Forschern und Entwicklern, engagierten Patienten und betreuenden Ärzten – können wir unser Ziel erreichen: Die Grenzen der Therapien und der Lebensqualität für Menschen mit Blutkrebs zu verschieben.
Es ist daher für uns eine große Ehre, die Aktivitäten der Cancer Survivor im Blutkrebs-Awareness-Monat September zu unterstützen – und damit auch die großartige Arbeit der Initiative. Der Austausch, die Kooperation und die Unterstützung von Patienten-Initiativen und -Organisationen sind uns besonders wichtig.
Wir wollen den Versorgungsstandard bei unterschiedlichen Blutkrebserkrankungen grundlegend verändern und die Krebstherapie umfassend optimieren. Das möchten wir mithilfe von neuen und besonders effektiven Therapien erreichen. Und dabei orientieren wir uns stets an den Bedürfnissen von Betroffenen sowie an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, um echte Innovationen zu entwickeln. Folglich stehen das tiefe wissenschaftliche Verständnis für die jeweilige Erkrankung und der Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen im Mittelpunkt unserer Arbeit.
Der enge Austausch mit den Patientenorganisationen ermöglicht uns, Fortschritte bei der Entwicklung und Optimierung von Krebstherapien sowie von Therapie unterstützenden Materialien zu erzielen. Denn über das tiefe wissenschaftliche Verständnis von Krebs hinaus geht es darum, die individuellen Bedürfnisse von Menschen mit Krebs besser zu verstehen: Worauf kommt es zu den unterschiedlichen Zeitpunkten im Krankheitsverlauf an, an welchen Stellen können die Betroffenen entlastet bzw. noch besser unterstützt werden?
Warum ist die Unterstützung der Arbeit von Patientenorganisationen so wichtig?
Julia Felder:
Bei der Diagnose Krebs sind die Unterstützung und Begleitung durch eine Patientenorganisation von immenser Bedeutung. Die Arbeit der Patientenselbsthilfe kann entscheidend zur Entlastung der Betroffenen und ihrer Angehörigen beitragen – durch die Bereitstellung von Informationen und die Möglichkeit des persönlichen Erfahrungsaustausches.
Bei AbbVie ist schon lange bekannt, dass gerade im onkologischen Bereich eine besondere Unterstützung notwendig ist, um den Behandlungserfolg positiv zu beeinflussen. Über die medikamentöse Therapie hinaus spielen dabei sowohl die Förderung der Selbstmanagement-Fähigkeit von Patienten als auch qualitätsgesicherte Patienteninformationen eine entscheidende Rolle. Wir sehen das als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der alle Akteure im Gesundheitswesen gefragt sind – auch Pharmaunternehmen. Wir nehmen diese Verantwortung sehr ernst und halten uns bei der Unterstützung von Patientenorganisationen an die durch den Kodex der Freiwilligen Selbstkontrolle der Arzneimittelindustrie e. V. (FSA) vorgegebenen Rahmenbedingungen.
Was wollen Sie mit Ihren Aufklärungskampagnen und Initiativen erreichen?
Julia Felder:
Wir wollen mit unseren Aufklärungskampagnen und Initiativen dazu beitragen, die Eigenverantwortung von Patienten im Umgang mit ihrer Erkrankung zu stärken. Die Projekte werden in der Regel zusammen mit Fachkreisen und Patientenorganisationen entwickelt oder wie hier mit einer Initiative, die sich dem digitalen Angebot verschrieben hat.
Ist die Kooperation mit unserer Initiative CancerSurvivor ein gutes Beispiel dafür?
Auf jeden Fall! Der kontinuierliche Dialog und die Zusammenarbeit zwischen CancerSurvivor und uns kann entscheidend zur Versorgungsqualität von Menschen mit Krebs beitragen. AbbVie ist seit 2018 einer von zwei Gründungssponsoren. Wir waren von Anfang an begeistert, wie gut es der Initiative gelingt, Menschen Mut zu machen, selbstbewusst mit ihrer Krebserkrankung umzugehen und sie als Lebenssituation in den Alltag zu integrieren. Mit dem breit gefächerten multimedialen Web-Informationsportal und verschiedenen Veranstaltungsformaten ist die digitale Plattform der CancerSurvivor eine Anlaufstelle für Krebspatienten und ihr soziales Umfeld während und nach ihrer Erkrankung.
Was sind die Schwerpunkte Ihrer Forschungstätigkeiten?
Julia Felder:
Wir sind seit rund 15 Jahren in der onkologischen Forschung und Arzneimittelentwicklung aktiv. Der Schwerpunkt von AbbVie liegt in diesem Bereich auf der Erforschung und Entwicklung gezielter Therapien. Das sind Krebsbehandlungen, die die krankhaft veränderten Zellen bekämpfen und dabei ungewollte Schädigungen gesunder Zellen durch die Medikation minimieren. Wir investieren in neue Technologien und Herangehensweisen, mit dem Ziel, in einigen der am schwierigsten zu behandelnden Krebsformen durch innovative Therapien neue Maßstäbe zu setzen. Wir untersuchen derzeit mehr als 20 Prüfpräparate in über 300 klinischen Studien bei einigen der weltweit am weitesten verbreiteten und belastendsten Krebserkrankungen.
Unterstützt Ihr Unternehmen auch Studiengruppen?
Julia Felder:
Die Zusammenarbeit zwischen akademischer Forschung und pharmazeutischer Industrie ist für die bestmögliche Versorgung von Menschen mit Krebs unabdingbar. Sie fördert wissenschaftliche Erkenntnisse in der Onkologie und verbessert die Rahmenbedingungen für die Krebsforschung von der Grundlagenforschung bis hin zu klinischen Studien.
Daher spielt die enge Zusammenarbeit mit Forschern auf der ganzen Welt für uns eine große Rolle. So unterstützen wir beispielsweise gemeinsam mit anderen Firmen das Studienprogramm der Deutschen CLL Studiengruppe (DCLLSG), in dessen Rahmen verschiedene klinische Untersuchungen von Therapien der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) initiiert und durchgeführt werden. Bezüglich klinischer Studien in der Indikation akute myeloische Leukämie (AML) kooperiert AbbVie mit der deutsch-österreichischen AML Studiengruppe (AMLSG). Wir verfügen über ein umfangreiches eigenes klinisches Studienprogramm in der Onkologie. Darüber hinaus unterstützen wir nicht kommerzielle klinische Untersuchungen bzw. so genannte Prüfer-initiierte Studien (IIT, investigator initiated trials) universitärer Einrichtungen und anderer nicht kommerzieller Forschungsinstitutionen zu Erkrankungen wie AML, myelodysplastisches Syndrom (MDS), Non-Hodgkin-Lymphome (NHL), akute lymphatische Leukämie (ALL), multiples Myelom (MM) und chronische myeloische Leukämie (CML). Mit einmaligen Spenden konnten wir die translationale Tumordatenbank des Universitätsklinikums Würzburg und das AML-Register der Medizinischen Hochschule Hannover unterstützen.
Kooperieren Sie auch mit anderen Pharmaunternehmen?
Um neue Erkenntnisse aus der Forschung möglichst zeitnah in therapeutische Ansätze zu überführen und die Entwicklung innovativer Behandlungen gezielt voranzutreiben, spielen globale strategische Kooperationen mit anderen in der Onkologie forschenden Unternehmen für AbbVie eine entscheidende Rolle: Zu den Partnern zählen hier unter anderem Bristol Myers-Squibb, Genentech/Roche, Calico, Genmab und Jacobio. Durch die Bündelung von Know-how aus jeweils unterschiedlichen Forschungsbereichen entstehen große Synergien. Diese tragen dazu bei, dass auch für schwer zu behandelnde Krebsarten immer intelligentere Therapien entwickelt werden können.
Durch das gemeinschaftliche Handeln von ansonsten unabhängig voneinander agierenden Unternehmen können Patienten schneller von besseren Krebsmedikamenten profitieren.
Kooperieren Sie auch mit politischen Institutionen?
Julia Felder:
Staatliche Institutionen und die Politik geben die Rahmenbedingungen vor, innerhalb derer wir pharmazeutische Unternehmen Krebstherapien entwickeln und für Patienten zugänglich machen können. Daher ist der Dialog mit den relevanten politischen Institutionen und Akteuren auf EU-, Bundes- und Landesebene wichtig. Somit lassen sich Prozesse kontinuierlich optimieren, damit die politischen Rahmenbedingungen für neue Medikamente besonders innovations- und patientenfreundlich sind. Neben direkten Gesprächen bilden Plattformen wie beispielsweise die Pharmadialoge in Hessen und Rheinland-Pfalz den Rahmen für den zielorientierten Austausch mit Vertretern aus der Politik. Darüber hinaus organisiert sich AbbVie gemeinsam mit anderen Pharmaunternehmen in politischen Vereinigungen wie dem vfa (Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland), dem BAH (Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller) oder dem BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie). Hier geht es unter anderem darum, gemeinschaftlich den (Krebs-) Forschungsstandort Deutschland weiterzuentwickeln. Hierfür ist es wichtig, dass in Deutschland Innovationen gefördert und Patente geschützt werden.
Herzlichen Dank für diese Einblicke in Ihr Patienten-Engagement.
Der Vollständigkeit halber möchten wir darauf hinweisen, dass AbbVie Deutschland nicht nur die Selbsthilfe in Deutschland unterstützt, sondern auch Sponsor der Initiative CancerSurvivor ist. AbbVie hat dabei keinen Einfluss auf die Inhalte oder redaktionelle Arbeit in allen anderen Teilen der Plattform menschen-mit-krebs.de. Wenn Sie wissen möchten, welche anderen Unternehmen unsere Arbeit ermöglichen, dann finden Sie eine vollständige Liste hier.
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