Aktiv werden gegen Blutkrebs
Mit Typisieren und Knochenmarkspende Leben retten
Alle 12 Minuten erhält in Deutschland ein Mensch die Diagnose Blutkrebs. Oft folgt darauf ein langer und schwerer Weg der Therapie. Viele Patienten benötigen dabei eine Stammzelltransplantation und sind auf eine Stammzellspende angewiesen. Sie dient dazu, die schädlichen eigenen Blutstammzellen durch die eines Spenders zu ersetzen. Viele Patienten können ohne eine lebensrettende Stammzellspende nicht überleben. Je nach Zustand des Patienten kann die Suche nach einem geeigneten Spender zum Wettlauf gegen die Zeit werden.
Damit diese Suche schneller und erfolgreicher wird, müssen sich ganz viele gesunde Menschen in einer Spenderdatei registrieren und durch einen Abstrich der Wangenschleimhaut typisieren lassen. Ein solche Datei hat die DKMS (ehemals Deutsche Knochenmarkspenderdatei) eingerichtet. Bereits seit 1991 registriert sie Stammzellspender. Bis heute registrierte die Organisation mehr als 10,5 Millionen Spender. Aus diesem Spendenpool konnten bereits über 91.000 Stammzellspenden vermittelt werden – und vielen Menschen so eine zweite Lebenschance geben.
Mein Weg zum Stammzellspender und Lebensretter
Grundsätzlich kann sich jeder gesunde Mensch im Alter zwischen 17 und 55 Jahren als potenzieller Stammzellspender registrieren. 17-Jährige dürfen zwar noch keine Stammzellen spenden, werden aber ab dem 18. Geburtstag automatisch in der DKMS-Datei aktiviert und bei der Suche nach Spendern berücksichtigt. Wer bereits bei der DKMS oder in einer anderen Datei erfasst ist, muss nicht erneut registriert werden. Menschen mit einer chronischen oder einer anderen schweren Erkrankung (auch wenn sie bereits geheilt ist) oder regelmäßig Medikamente einnehmen, müssen Rücksprache mit der DKMS halten, ob sie für eine künftige Spende zugelassen werden können.
Über ein Online-Formular kann sich der künftige Spender ein Registrierungsset nach Hause schicken lassen. Mit den beigefügten Wattestäbchen wird ein Abstrich der Wangenschleimhaut vorgenommen und die Stäbchen samt unterschriebener Einverständniserklärung an das Labor zurückgesandt. Nach der Registrierung wertet die DKMS die relevanten Gewebemerkmale im Labor aus und stellen anschließend das Ergebnis der Probe für den weltweiten Patientensuchlauf zur Verfügung.
Für eine erfolgreiche Stammzelltransplantation ist vor allem eine gute Übereinstimmung der Gewebemerkmale beim Spender und Empfänger Voraussetzung. Selbst bei einer Übereinstimmung von zehn Gewebemerkmalen kommt es leider immer noch häufig zu Abstoßungsreaktionen oder anderen Komplikationen nach der Transplantation. Daher wird beständig daran geforscht, weitere Faktoren zu identifizieren, die sich positiv auf die Transplantation auswirken. Das DKMS Life Science Lab typisiert inzwischen 24 HLA-Merkmale und verschiedene weitere Parameter, zum Beispiel die Familie der KIR-Rezeptoren, MICA, MICB und den CCR5-Rezeptor sowie die Blutgruppen ABO und RhD. Außerdem bestimmen wir über einen Antikörpernachweis den CMV-Status.
Jede einzelne Neuaufnahme in der Spenderdatei kostet die DKMS 35 Euro. Diese Kosten müssen aus Spendengeldern finanziert werden. Als gemeinnützige Gesellschaft ist die DKMS für jeden Spender dankbar, der die 50 Euro zum Teil oder auch ganz bezahlt.
Wenn ein Empfänger gefunden wurde…
Laut DKMS kommt es bei etwa einem von hundert potenziellen Stammzellspendern zu einer Stammzellspende. Wenn die Gewebemerkmale mit denen eines Patienten übereinstimmen, informiert die DKMS umgehend über die nächsten Schritte.
Innerhalb der Familie ist die Wahrscheinlichkeit einer Übereinstimmung der Gewebemerkmale von Spender und Patient am größten. Bei etwa 30 Prozent der Patienten finden die Experten einen geeigneten Familienspender. Ein Kind erhält die Gewebemerkmale je zur Hälfte von Vater und Mutter. Eltern sind daher im Regelfall nur haploidente Spender – Ihre Gewebemerkmale passen nur zur Hälfte. Die Wahrscheinlichkeit der Übereinstimmung unter Geschwistern ist hingegen am höchsten. Daher werden diese in der Familie zuerst als mögliche Spender für die an Blutkrebs erkrankte Person getestet. Gibt es in der Verwandtschaft 1. Grades keinen passenden Spender, wird die Suche nach einem kompatiblen unverwandten, so genannten „Fremdspender“ eingeleitet.
Wie eine Stammzellspende abläuft
In der Entnahmeklinik stellen Ärzte im Rahmen der Spendervoruntersuchung die medizinische Eignung des Spenders fest – unter anderem durch Anamneseerhebung, eine körperliche Untersuchung und die Bestimmung von Laborwerten. Außerdem erfolgt ein persönliches Gespräch mit einem Arzt der Entnahmeklinik. Im Fall einer operativen Knochenmarkentnahme klärt außerdem eine Anästhesistin oder ein Anästhesist über Narkoserisiken auf. Erst wenn alle Untersuchungen ergeben haben, dass eine Spende gesundheitlich unbedenklich ist, findet diese tatsächlich statt.
Die gesamte Organisation und alle damit verbundenen Kosten übernimmt die DKMS, inklusive des Verdienstausfalls. Sie kümmert sich darum, dass jeder Spender von ihrem oder seinem Heimatort zur Klinik kommt, und sorgt für Hotelzimmer, Verpflegung und alles weitere. Für den Spender entstehen dabei keinerlei Kosten.
Es gibt zwei verschiedene Methoden, Stammzellen zu spenden: die periphere Stammzellentnahme und die Knochenmarkentnahme.
Die periphere Stammzellentnahme wird mit etwa 80 Prozent am häufigsten angewendet. Bei dieser Methode werden die Stammzellen über ein spezielles Verfahren (Apherese) aus dem Blut gewonnen. Die Ärztin oder der Arzt legt dazu jeweils einen Zugang in beide Armvenen, ähnlich der Blutspende. Zuvor erhalten alle Spender über fünf Tage hinweg ein Medikament mit dem Wachstumsfaktor G-CSF. Der hormonähnliche, körpereigene Stoff G-CSF sorgt für eine vermehrte Produktion von Stammzellen und deren Ausschwemmung in die Blutbahn. Die periphere Stammzellentnahme dauert normalerweise drei bis höchstens fünf Stunden. In der Regel können die Spender die Entnahmeklinik noch am selben Tag verlassen. Nur sehr selten wird ein zweiter ambulanter Entnahmetag notwendig.
Die Knochenmarkentnahme wird bei etwa 20 Prozent der Stammzellspenden genutzt. Bei der Knochenmarkentnahme wird dem Spender in einer zertifizierten Entnahmeklinik unter Vollnarkose circa ein Liter Knochenmark-Blut-Gemisch aus dem Beckenkamm entnommen. Das sind etwa fünf Prozent des Gesamtknochenmarks. Das Knochenmark regeneriert sich innerhalb weniger Wochen. Im Anschluss an die Knochenmarkentnahme ist es möglich, dass für wenige Tage ein lokaler Wundschmerz auftritt, ähnlich dem bei einer Prellung. Zur Knochenmarkentnahme bleiben die Spender normalerweise für ein bis zwei Nächte im Krankenhaus. Anschließend raten die Ärzte dazu, sich nach Rücksprache mit der Entnahmeklinik noch einige wenige Tage zu Hause zu erholen. Das gesundheitliche Risiko der Knochenmarkentnahme ist gering. Es beschränkt sich im Wesentlichen auf das allgemeine Risiko, das mit jeder Operation unter Vollnarkose einhergeht.
DKMS
War meine Spende erfolgreich?
Frühestens 100 Tage nach der Stammzellspende in der Transplantationsklinik kann die DKMS Informationen über den Gesundheitszustand des Blutkrebs-Patienten erfragen. Denn erst dann können die Ärzte von einem stabilen Anwachsen und der Funktionsaufnahme der Zellen ausgehen. Wie bei allen Krebserkrankungen gibt es leider auch bei einem mit Stammzelltransplantation behandelten Blutkrebs das Risiko eines Rezidivs, also eines Widerauftretens der Erkrankung.
Awareness-Monat
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Dieser Artikel ist ein Beitrag aus der Serie des Awareness-Monats „Blutkrebs“. Weitere spannende Interviews, Artikel und Talk-Sendungen finden Sie in der Übersicht zum Blutkrebs-Monat.
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