Im Fokus: Nebenwirkungen bei Prostatakrebs-Therapie
Dies ist ein Veranstaltungsinhalt von SURVIVORS HOME am 09.12.2025.
Der aktuelle Beitrag von SURVIVORS HOME widmet sich einem Thema, das viele Betroffene beschäftigt: dem Umgang mit Beschwerden und Nebenwirkungen nach einer Prostatakrebs-Therapie – und der Frage, wie Bewegung und Wissen dazu beitragen können, Lebensqualität zurückzugewinnen.
Moderator Marco Ammer führt durch das Gespräch mit Prof. Dr. Christian Thomas (Universitätsklinikum Dresden), Prof. Dr. Freerk Baumann (Universitätsklinikum Köln) und Klaus Kronewitz (Prostatakrebs Selbsthilfe Berlin-Brandenburg e. V.).
Zum Einstieg gibt Prof. Thomas ein kompaktes Update zur neuen S3-Leitlinie Prostatakarzinom (Version 8, Juli 2025). Er erläutert, dass die klassische Tastuntersuchung zur Früherkennung keine Empfehlung mehr erhält. Stattdessen setzt die Leitlinie auf ein risikoadaptiertes PSA-Screening: Liegt der PSA-Wert unter 1,5 ng/ml, genügt eine Kontrolle alle fünf Jahre; bei höheren Werten erfolgen engmaschigere Untersuchungen und gegebenenfalls eine MRT-gestützte Diagnostik. Neu ist auch, dass die aktive Überwachung („Active Surveillance“) künftig nicht nur bei Niedrigrisiko-, sondern auch bei niedrig bis mittlerem Risiko empfohlen werden kann. Diese Änderungen sollen Überdiagnosen vermeiden und Therapien gezielter einsetzen.
In der anschließenden Gesprächsrunde rücken die Nebenwirkungen der Behandlung in den Mittelpunkt. Prof. Thomas beschreibt, dass Operation, Bestrahlung und Hormontherapie jeweils unterschiedliche Beschwerdebilder mit sich bringen. Nach einer Operation stehen Harninkontinenz und Erektionsstörungen im Vordergrund, bei der Bestrahlung können Reizungen von Darm und Blase auftreten. Hormontherapien führen häufig zu Müdigkeit, Gewichtszunahme, Muskelabbau, Stimmungsschwankungen oder Hitzewallungen. Wichtig sei, dass Patienten Beschwerden offen ansprechen – denn viele Nebenwirkungen lassen sich lindern, wenn Arzt und Patient gemeinsam handeln.
Klaus Kronewitz schildert aus Sicht der Selbsthilfe, wie wichtig der Austausch unter Betroffenen ist. In geschütztem Rahmen können Sorgen, Fragen und Erfahrungen geteilt werden – etwa zu Themen wie Fatigue, Inkontinenz oder der psychischen Belastung durch die Diagnose. Selbsthilfegruppen bieten Halt, Motivation und wertvolle Alltagstipps. Ein Beispiel ist das Projekt „Rudern gegen den Krebs“, das gemeinsames Training und Gemeinschaft fördert.
Bewegung als Schlüssel zur Lebensqualität:
Prof. Baumann erklärt eindrücklich, dass Bewegung bei Krebserkrankungen längst als fester Bestandteil der Therapie gilt. Schon moderate Aktivität – etwa 150 Minuten pro Woche – verbessert Kreislauf, Stoffwechsel, Muskelkraft und Stimmung. Besonders unter Hormontherapie ist gezieltes Krafttraining zentral, um Muskeln und Knochendichte zu erhalten und Nebenwirkungen wie Fatigue oder Gewichtszunahme zu reduzieren. Entscheidend sei, dass Bewegung individuell angepasst und sicher ist. Studien zeigen, dass keine Belege für Risiken durch körperliche Aktivität existieren – im Gegenteil, sie wirkt schützend und stabilisierend.
Zugleich betont Baumann die Notwendigkeit besserer Versorgungsstrukturen: Deutschland verfügt über zu wenige spezialisierte Sport- und Physiotherapeuten für onkologische Patienten. Projekte der Deutschen Krebshilfe sollen helfen, Bewegungstherapie systematisch in die Regelversorgung zu integrieren.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Nutzung digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA). Prof. Thomas stellt die App „Uroletics“ vor – ein Medizinprodukt, das Patienten vor einer Operation auf mögliche Komplikationen vorbereitet. Durch angeleitete Beckenbodenübungen können Betroffene frühzeitig ihre Muskulatur stärken und so das Risiko einer späteren Inkontinenz senken. Die App begleitet zudem die Nachsorge und motiviert mit interaktiven Übungen. Digitale Angebote können besonders Patienten unterstützen, die keinen direkten Zugang zu spezialisierten Zentren haben.
Abschließend betonen alle Gäste, dass Wissen, Bewegung, Kommunikation und Unterstützung entscheidende Faktoren sind, um Nebenwirkungen zu bewältigen und Lebensqualität zu sichern. Wer frühzeitig aktiv wird, profitiert langfristig – körperlich wie seelisch.
Prof. Thomas fasst zusammen: Informierte Patienten, die sich mit ihrer Erkrankung auseinandersetzen, können besser mit möglichen Folgen umgehen. Prof. Baumann ruft dazu auf, Ärzte und Therapeuten aktiv nach Bewegungsangeboten zu fragen und Strukturen mitzugestalten. Klaus Kronewitz appelliert, offen über Beschwerden zu sprechen und das Netzwerk der Selbsthilfe zu nutzen.
Der Beitrag verdeutlicht: Nebenwirkungen sind kein Schicksal, sondern lassen sich gezielt beeinflussen – durch Aufklärung, Eigeninitiative und gemeinsames Handeln.
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