Nebenwirkungen erkennen, verstehen, handeln
Im Beitrag sprechen Moderator Carsten Witte, Patientin Nicole Kultau, Pflegeexpertin Nadja Will und Dr. Maike Kollendt über typische Magen-Darm-Nebenwirkungen während Krebsbehandlungen. Ziel ist es, Erfahrungen, Fachwissen und praktische Hinweise verständlich zu bündeln – für mehr Sicherheit und Lebensqualität im Alltag.
Erfahrungen aus Betroffenenperspektive
Nicole Kultau schildert eindrücklich, wie ausgeprägt Übelkeit, Erbrechen und Geruchsempfindlichkeit unter ihrer Chemotherapie auftreten. Trotz medikamentöser Unterstützung reichen Standardmaßnahmen zu Beginn nicht aus. Sie beschreibt, wie sie sich zusätzliches Wissen selbst aneignet, etwa über schonende Ernährung, Akupunktur oder Massagen. Besonders belastend sind lange Phasen starker Übelkeit, der Verlust der Kontrolle über den Stuhlgang sowie das Gefühl von Scham. Sie betont, wie wichtig es ist, Beschwerden frühzeitig und offen gegenüber dem Behandlungsteam anzusprechen, anstatt aus Unsicherheit oder Scham zu schweigen.
Pflegepraktische Perspektive
Nadja Will ordnet Nicoles Erfahrungen in den pflegerischen Alltag ein. Sie erklärt, dass Magen-Darm-Beschwerden sehr individuell verlaufen – von schwerer Übelkeit bis hin zu Durchfällen oder Verstopfung. Sie hebt die Bedeutung eines strukturierten Nebenwirkungsmanagements hervor, um Mangelernährung, Flüssigkeitsverlust und Kraftverlust frühzeitig zu verhindern. Ein stabilisierendes Umfeld, Wärme, Ruhe und ein verlässliches Unterstützungsnetz tragen nach ihrer Erfahrung wesentlich dazu bei, Beschwerden besser auszuhalten. Gleichzeitig warnt sie davor, ungesicherte Nahrungsergänzungsmittel oder vermeintliche „Wundermittel“ ohne fachliche Rücksprache einzunehmen.
Ärztliche Einordnung und medizinische Strategien
Dr. Maike Kollendt erläutert medizinische Ursachen von Übelkeit und Durchfällen – sowohl durch Chemotherapie als auch durch Immuntherapien, die autoimmune Darmentzündungen auslösen können. Entscheidend ist eine präzise Unterscheidung, ob Beschwerden therapiebedingt, infektiös oder durch andere Faktoren verursacht sind.
Sie betont:
- Frühe und klare Kommunikation zwischen Behandlerteam und Betroffenen ist zentral.
- Medikamentöse Vorsorge gegen Übelkeit gehört konsequent eingesetzt.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist bei Durchfällen der wichtigste Faktor; bei unzureichender Trinkmenge kann ein stationärer Aufenthalt notwendig sein.
- Wechselwirkungen mit Tees, Heilpflanzen oder Nahrungsergänzungen müssen unbedingt abgeklärt werden – z. B. Johanniskraut, grüner Tee oder Grapefruitprodukte.
Zentrale Botschaften für den Alltag
- Beschwerden frühzeitig mitteilen, auch wenn sie schambehaftet sind.
- Medikamente wie besprochen einnehmen – präventiv, nicht erst im Akutfall.
- Für Ruhe, Wärme und ein unterstützendes Umfeld sorgen.
- Auf ausreichende Flüssigkeit achten und bei Unsicherheit medizinische Rückmeldung einholen.
- Komplementäre Maßnahmen nur nach Rücksprache verwenden.
- Unterstützung von Selbsthilfegruppen und Patientennetzwerken kann entlasten und stärken.