
Im Fokus: Brustgesundheit neu denken!
Dies ist ein Veranstaltungsinhalt von SURVIVORS HOME am 16.10.2025.
Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs – und längst nicht jede Veränderung lässt sich ertasten. Das invasiv-lobuläre Mammakarzinom (ILC) stellt Ärzte wie Betroffene gleichermaßen vor Herausforderungen. Es wächst oft diffus, zeigt keine klar umrissenen Knoten und ist in bildgebenden Verfahren wie der Mammographie schwerer zu erkennen als andere Brustkrebsformen. Die Folge: Die Diagnose erfolgt häufig später – manchmal erst bei fortgeschrittenem Tumorstadium.
Im Rahmen der Gesprächsreihe „Im Fokus“ im SURVIVORS HOME Berlin sprach Moderator Marco Ammer mit Prof. Dr. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik rechts der Isar in München und Dr. Yvonne Niepelt, selbst Ärztin und an ILC erkrankt, über dieses besondere Krankheitsbild – medizinisch fundiert, persönlich reflektiert und praxisnah.
Unsichtbar, aber nicht unbedeutend
Prof. Kiechle macht deutlich: ILC macht rund 10–15 % aller Brustkrebsfälle aus, bleibt aber häufig unentdeckt, da es sich nicht in Form eines tastbaren Knotens äußert. In der Mammographie fehlt oft der typische „weiße Fleck“, der sonst als Verdichtungszeichen gilt. Stattdessen deuten subtile Asymmetrien oder Gewebeveränderungen auf mögliche Auffälligkeiten hin. Ergänzende Verfahren wie Ultraschall oder MRT sind daher bei unklaren Befunden unverzichtbar.
Diagnose trotz Fachwissen: ein persönlicher Erfahrungsbericht
Dr. Yvonne Niepelt schildert offen ihren Weg zur Diagnose: Als Medizinerin kennt sie die Warnzeichen, erkennt die Einziehung ihrer Brustwarze und tastet schließlich eine Lymphknotenschwellung. Trotz früher Aufmerksamkeit wird bei ihr ein fortgeschrittenes ILC festgestellt. Die Therapie beginnt mit einer modernen Kombination aus CDK4/6-Hemmern und antihormoneller Behandlung – mit raschem Ansprechen und Erfolg. Heute ist sie tumorfrei, steht jedoch weiterhin unter Dauertherapie.
Therapie – individuell statt schematisch
Die Behandlung orientiert sich nicht primär an der histologischen Form, sondern an biologischen Eigenschaften wie Hormonrezeptorstatus, HER2-Status, Tumorgröße und Risikoprofil. In der Regel ist ILC hormonabhängig, HER2-negativ und spricht gut auf antihormonelle Therapien an. Neue Medikamente wie CDK4/6-Hemmer erhöhen die Heilungschancen bei hohem Rückfallrisiko deutlich.
Nebenwirkungen bewältigen – Bewegung hilft
Beide Expertinnen betonen, wie zentral ein aktiver Lebensstil für die Verträglichkeit der Therapie ist. Gelenkschmerzen, Schlafstörungen, Hautprobleme und Hitzewallungen zählen zu den häufigen Nebenwirkungen. Bewegung, gezielte Ernährung und achtsames Körperbewusstsein helfen, diese Beschwerden zu lindern. Auch einfache Maßnahmen wie tägliche Spaziergänge, konsequente Hautpflege oder Wärmeanwendungen können spürbare Erleichterung bringen.
Nachsorge mit Augenmaß – und neuen Wegen
Die standardisierte Nachsorge besteht aus regelmäßiger Tastuntersuchung, Mammographie und Ultraschall – primär mit Blick auf ein lokales Rezidiv. Eine aktive Suche nach Metastasen ist nicht Bestandteil der Leitlinien, wird jedoch zunehmend hinterfragt. Neue Studien prüfen den Einsatz von sogenannten Liquid Biopsies – Bluttests, die zirkulierende Tumor-DNA nachweisen könnten. Prof. Kiechle empfiehlt, sich bei Interesse an klinischen Studien an zertifizierte Brustzentren zu wenden – der Nutzen für Patientinnen sei vielfach belegt.
Veränderung über die Krankheit hinaus
Dr. Niepelt beschreibt, wie sich die Perspektive auf das Leben nach der Erkrankung verändert. Viele Betroffene sortieren bewusst um, setzen neue Prioritäten, nehmen sich selbst achtsamer wahr. Resilienz, eine positive Grundhaltung und Selbstfürsorge sind für sie ebenso wichtig wie die medizinische Nachsorge. Sie rät dazu, bei anhaltender Belastung auch psychoonkologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen – ein Angebot, das auch Angehörige nutzen können.
Ein Appell an Aufmerksamkeit – für alle
Die Veranstaltung schließt mit einem klaren Appell: Brustgesundheit muss individuell betrachtet werden – auch jenseits klassischer Selbstuntersuchung. Und auch Männer sollten bei auffälligen Veränderungen der Brust wachsam sein. Die Diagnose Brustkrebs ist heute in vielen Fällen gut behandelbar – bei ILC ebenso wie bei anderen Formen. Entscheidend ist, aufmerksam zu bleiben, Verantwortung zu übernehmen – und medizinisches Wissen mit persönlicher Erfahrung zu verbinden.
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