Veränderungen durch Krebs
Barbara Baysal sagt:
Die Krankheit hat mich in dem Sinne verändert, dass ich lernen musste, dass man mir nicht die Wünsche von den Augen ablesen kann. Also ich musste lernen, zu sagen, was ich möchte, und zu sagen, was ich nicht möchte. Das war für mich ganz, ganz schwierig, weil vorher, vor der Erkrankung, war ich so, wie sagt man immer, der Selbermacher, habe mir die Kartons von oben runtergeholt oder die Tapete geklebt oder gestrichen. Und jetzt ist der Moment durch die Erkrankung, es geht nicht mehr. Und sich da Hilfe zu holen, ist sehr schwierig, wenn man durch dieses Ansprechen und Sagen: „Kannst du mir mal helfen?“, das Gefühl hat, man gibt Schwäche preis. Und das ist eigentlich absolut Blödsinn, aber das musste ich lernen, mich zu äußern und zu sagen: „An dem Punkt brauche ich Hilfe, hier kann ich nicht, mach du mal.“ Ich denke immer, das ist durch die Erkrankung viel, viel stärker nach vorne gekommen. Früher, also vor der Erkrankung, war ich eher der Mensch, der sich so in die Ecke gestellt hat und alles erst mal betrachtet hat und sich nicht hingestellt hat und eine Rede gehalten hat. Also das wäre für mich der Untergang gewesen, weil wenn ich mein Spiegelbild betrachte, freue ich mich nun also nicht gerade. Ich mag mich einfach im Spiegel nicht, aber das ist eine andere Geschichte. Und irgendwann habe ich gesagt, das ist unwichtig, wie ich aussehe, sondern es ist wichtig, das, was ich zu sagen habe oder was ich zu geben habe oder wie auch immer. Und damit bin ich viel, viel positiver und sehe das Leben auch ein bisschen, mit einer Leichtigkeit nicht unbedingt, aber Lachen ist die beste Medizin, die man haben kann. Ich lebe heute viel, „bewusster“ kann man nicht unbedingt sagen. Man sagt ja immer, das Leben verändert sich. Es verändert sich aber unbewusst. Also man sagt nicht ganz bewusst: „Ab heute bin ich fröhlicher, ab heute mache ich alles mit Leichtigkeit“, es ist so unterschwellig, läuft das. Und irgendwann denkt man sich: „Mann, das hast du früher ganz anders gemacht“, wenn man zum Beispiel beim Einkaufen war und jemand drängelt sich vor. Also früher habe ich immer geschimpft, habe gesagt, was man so alles sagt. Heute ist mir das völlig egal, weil ich denke: „Na, wenn er nicht so viel Zeit hat, soll er vorgehen.“ Es sind so Sachen, die unterschwellig ablaufen, die mich dann auch nicht mehr so aus der Ruhe bringen.
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