Veränderungen durch Krebs
Sabrina Scherbarth sagt:
Viele Situationen sind genauso schön im Leben, wie sie vorher waren. Nur meine Sichtweise als Teilnehmer dieser Situation hatte sich geändert. Also deshalb habe ich versucht, mit Hilfe von Freunden und meiner Familie, viele schöne Situationen zu erleben. Ich bin nur noch im Hier und Jetzt. Ich überlege mit keinem Teil meiner Hirnzellen: „Und morgen mach ich das und in zwei Wochen mach ich das“, nein, ich bin hier und jetzt und genieße den Moment in vollen Zügen. Ich versuche, nicht über meine Grenzen zu gehen, sehr aufmerksam mit mir umzugehen und alles, was negativ ist, auch wenn es sehr leicht gesagt ist, wegzunehmen, mich nicht mehr damit zu belasten. Ich als sehr leistungsorientierter Mensch bin und habe die Tendenz, manchmal wenig achtsam mit mir umzugehen. Ich glaube, meine Freunde würden jetzt alle sagen: „Ach, die Sabrina, was die schon wieder alles macht, das ist unglaublich.“ Aber ich finde, dass ich deutlich achtsamer mit mir umgehe heutzutage. Meine Überzeugung, dass es irgendwie klappen wird und dass es alles gut ausgeht, ist gänzlich gewichen. Ich bin sehr empfindsam geworden. Das hört sich jetzt vielleicht auch melancholisch an, auch wenn andere über mich sagen: „Nein, du bist gut gelaunt, du bist immer noch zielorientiert und fröhlich“, bin ich, ja, viel, viel zartbesaiteter und vorsichtiger geworden. Jede Erkrankung hat mich schwächer gemacht, also mich weniger leistungsfähig gemacht. Und natürlich ist auch meine Zuversicht geschwunden. Und natürlich befinde ich mich jetzt in einer Phase, in der die Aussichten nicht besser geworden sind, die nächsten, nennen wir es wieder fünf Jahre, zu überleben. Aber deshalb will ich trotzdem das, was ich mir als Ziele gesetzt habe, noch beginnen. Interessanterweise habe ich diesen dunklen Typen, diesen Mantel des Todes, der mich immer so begleitete und entweder diesen Mantel so über mich legte mindestens zwei Jahre lang, den habe ich, obwohl ich ja erneut erkrankt bin, nicht mehr. Ich habe den abgeschüttelt und ich sitze jetzt hier. Ich habe mich damit konfrontiert, dass es vielleicht nicht mehr so lange geht, aber dass ich heute hier bin und dass es mir heute gut geht. Ich grenze mich noch deutlicher von dem ab, was mich belastet. Viele würden in der Situation sagen, es ist nur eine Arbeitsbelastung oder ein Treffen mit Freunden oder dass man sich zu viel vornimmt. Ich höre mittlerweile auch ganz tief in mich rein und schaue: Was gibt es für soziale, psychische, vielleicht partnerschaftliche, aber auch mit Freunden, welche Belastungen gibt es, die nicht so laut läuten, aber ganz leise mitschwingen? Wo fühle ich mich unwohl? Und dann gehe ich dort rein und versuche ich, mich noch mehr davor zu schützen. Ich beginne immer mit etwas Positiven. Und das kommt auch von Herzen: „Ich freue mich, dass du anrufst, aber ich brauche erst noch einmal etwas mehr Zeit für mich. Ich melde mich.“ Zwischendurch schreibe ich dann mal eine Nachricht, aber um mit dieser Erkrankung umzugehen, brauche ich viel Zeit zum Denken. Und diese gebe ich mir auch. Und die Freunde sind mir auch nicht böse. Aber ich treffe mich nicht mehr ständig mit jedem oder gebe dem Druck, partnerschaftlichem Druck, nach, sondern fordere diese Ruhe und diese Zeit für mich ein. Ein Spaziergang für mich ist momentan ein wichtiges Element, um zu gesunden. Viel mehr als früher ist Zeit für mich kostbar und auch maßgeblich wichtig geworden.
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