Was passiert bei einer Immuntherapie?
Prof. Dr. Jörg Trojan sagt:
Krebs ist eine sehr vielschichtige Erkrankung, die auf verschiedenste Wege eben den Wirtsorganismus, also des Patienten eben eingreift. Und einer dieser Mechanismen ist, dass Krebszellen bestimmte Botenstoffe aussenden können, um Stellen im Immunsystem zu blockieren. Das Prinzip der Immunonkologie ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Wir regen mit Medikamenten, das sind Antikörper, regen wir das körpereigene Immunsystem an. So dass wir hier die Immunzellen des Erkrankten stimulieren und damit Krebszellen wieder erkennbar machen für das körpereigene Immunsystem.
Bei welchen Krebserkrankungen kann die Immuntherapie helfen?
Immuntherapie ist ein relativ weites Feld und vor allem ein extrem schnell sich bewegendes Feld. Das ist wahrscheinlich die größte Revolution in der Behandlung fortgeschrittener Tumorerkrankung, die wir wirklich erlebt haben, bisher. Die erste Erkrankung, die behandelbar war mit einer Immuntherapie war der schwarze Hautkrebs. Das war die Vorreiter Erkrankung. Die zweite Erkrankung, die heute wirklich behandelbar ist in alle ihren Facetten ist der klassische Lungenkrebs. Diese Erkrankung ist ebenfalls behandelbar mit Immuntherapie. Meistens hier jedoch in Kombination mit einer Chemotherapie. Daneben gibt es weitere Erkrankungen, die heute sehr gut behandelbar sind. Zum einen sind das Tumoren im Bereich der Nieren und der ableitenden Harnwege. Hier haben wir etliche Zulassungen. Es sind jetzt seit kurzem auch das Magenkarzinom, was ebenfalls behandelbar ist. Und das Ösophaguskarzinom.
Werden zukünftig alle Krebserkrankungen mit Immuntherapie behandelbar sein?
Alle anderen Tumoren sprechen nicht in ihrer Gesamtheit gut an, sondern nur in einzelnen Untergruppen. Und die müssen wir definieren, und das ist manchmal ein sehr weiter Weg. Zum Beispiel beim Leberzellkrebs haben wir gesehen, dass eine alleinige Immuntherapie nicht hinreichend wirksam ist. Jedoch, wenn wir eine Immuntherapie mit weiteren Mechanismen eben kombinieren. Dann wirkt plötzlich auch die Immuntherapie beim Leberzellkrebs. Und so wird es, denke ich, die nächsten Jahre weitergehen. Dass wir zum einen Immuntherapien haben, zum anderen ganz gezielte Therapien. Und hier erwarten wir in naher Zukunft viele, viele weitere Zulassungen in der Krebsimmuntherapie.
Welche Nebenwirkungen können bei einer Immuntherapie auftreten?
Unter einer Immuntherapie treten nicht die klassischen Nebenwirkungen einer Chemotherapie auf. Wie Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall, gastrointestinale Nebenwirkungen. Das sehen wir alles nicht. Wir sehen jedoch-, je nach Immuntherapie Regime sehen wir Nebenwirkungen. Sie sind meistens sehr gering. In der Regel handelt es sich um eine überschießende Reaktion des Immunsystems. Zum Beispiel die Schilddrüse betreffend. Es kann zu einer Schilddrüsenunterfunktion kommen. Manchmal kann der Verdauungstrakt betroffen sein. Dass es zu einer Entzündung kommt, eben des Verdauungstraktes, des Dünn- und Dickdarmes. Sehr, sehr selten sehen wir Erkrankungen, die zu einem Lungenentzündung ähnlichen Krankheitsbild führen. Oder an-, mit Schädigungen an anderen Organen einhergehen. Wir sprechen hier jedoch bei einer Immuntherapie über solche schwerwiegenden Nebenwirkungen wirklich im niedrigen Prozentbereich. Im einstelligen Prozentbereich. Eins, zwei, drei Prozent, das ist sehr, sehr wenig. Und das Ganze hat bei weitem nicht die Dimension eben der Nebenwirkungen einer klassischen Chemotherapie bei einer fortgeschrittenen Krebserkrankung.
Aus welchem Grund ist eine Testung wichtig?
Eine weitere Testung eines Tumors auf bestimmte Oberflächenstoffe ist immer sinnvoll, um hier zu wissen, ob der Tumor anspricht auf eine Immuntherapie. Und manchmal müssen wir eben eine Immuntherapie kombinieren. Zum Beispiel mit einer Chemotherapie, wenn bestimmte Marker in nicht ausreichender Zahl auf den Krebszellen und/oder Immunzellen vorhanden sind. Deshalb ist es wichtig, dass wir eigentlich immer testen, außer wir haben Erkrankungen, wo eine Testung nicht zwingend erforderlich ist. Weil eine Immuntherapie quasi ohne Testung ansetzbar ist.
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