Komplementärmedizin beim Immunsystem
Zurück zum Themen-Special "Immunsystem"In der Komplementärmedizin werden in der Regel unspezifische Immuntherapie empfohlen, beispielsweise die Misteltherapie, Thymustherapie, Ozontherapie oder die Eigenbluttherapie. Diese Therapien sind meiner Meinung nach für Krebspatienten höchst bedenklich. Denn unser Immunsystem erkennt ja all das, was fremd ist im Körper – das können Bakterien, Parasiten aber auch Krebszellen sein. Aber die Krebszellen müssen auf der Oberfläche ein Antigen (ein Eiweißerkennungsmolekül) haben, um überhaupt vom Immunsystem erkannt zu werden.
Nun gibt es aber das Problem, dass bei vielen Krebszellen auf der Oberfläche keine Antigene sind – die sind „nackt“. Dann kann man das Immunsystem unspezifisch noch so sehr aktivieren, aber diese Zellen können vom Immunsystem nicht abgetötet werden.
Wenn man sich die Werbung anschaut, wird meist damit geworben, dass ein aktives Immunsystem eigentlich alles abtötet. Nun kann man sich vorstellen, „nackte“ Krebszellen, die kein Antigen haben, können nicht abgetötet werden.
Was aber nie gesagt wird ist, dass ein Immunsystem auch eine „schlechte“ Seite hat. Diese Seite des Immunsystems sind die sogenannten Wachstumsfaktoren (Zytokine), die da freigesetzt werden. Wenn man nun unspezifisch therapiert – ganz egal ob mit Mistel, Thymus oder Eigenblut – weiß man nicht, welche Seite des Immunsystems aktiviert wird. Man kann Glück haben und die abtötende Seite aktivieren. Man kann aber auch Pech haben und hat auf einmal viele Wachstumsfaktoren im Blut. Das wäre für einen Krebspatienten völlig falsch.
Daher sind wir sehr zurückhaltend mit allen unspezifischen Immuntherapien. Meiner Meinung nach haben diese in der Krebstherapie dann nur eine ganz minimale Bedeutung.
Prof. Dr. Josef Beuth
Direktor des Instituts zur wissenschaftlichen Evaluation naturheilkundlicher Verfahren der Uniklinik Köln